Die Evangelische Seminarstiftung
Evangelische Bildung fördern
Wohl kaum eine andere Schule in Württemberg kann auf eine ähnlich lange Tradition zurückblicken wie die heutigen Seminare Blaubeuren und Maulbronn. In über 450 Jahren waren sie prägend für Kirche und Land und sind aus der Geschichte der Bildung, der Literatur und der Kultur Württembergs nicht wegzudenken. Dabei haben sie sich vielfältig gewandelt und stets weiterentwickelt. Die altsprachliche Bildung, die Pflege der Musik und die vertiefte Auseinandersetzung mit theologischen Fragen blieben dabei jedoch immer tragendes Fundament.
1556 verfügte Herzog Christoph von Württemberg durch eine Klosterordnung, dass in den aufgelassenen Männerklöstern des Herzogtums Klosterschulen einzurichten seien. Die Klöster sollten zu Ausbildungsstätten künftiger Pfarrer der evangelischen Kirche des Herzogtums werden. König Friedrich I. säkularisierte 1806 das Kirchengut und damit die Klöster, die seitdem in staatlichem Besitz sind. Er veranlasste die Umbenennung der Klosterschulen in niedere Seminare, als Vorstufe des höheren Seminars, dem Stift in Tübingen. 1818 wurde eine neue Seminarordnung beschlossen, seitdem waren die Seminare nicht mehr unmittelbar der Kirchenleitung unterstellt, sondern dem Kultusministerium.
Die Trennung von Staat und Kirche durch die Weimarer Verfassung von 1919 stellte die Seminare erneut vor die Frage, wie es in Zukunft weitergehen sollte. Die Seminare als staatliche Bildungseinrichtungen, die kirchlichen Zwecken dienten, mussten neu geordnet werden. Sowohl das Kultusministerium als auch die Kirchenleitung legten großen Wert darauf, dass sie in das künftige Geschehen der Seminare eingebunden und leitend tätig sind. So wurde die Evangelische Seminarstiftung als Trägerin der Schulen in der Absicht gegründet, dass hier Staat und Kirche zusammenwirken und ein Auseinanderfallen in Schule und Heim verhindert wird. Der Vorstand der Evangelischen Seminarstiftung verstand sich als Einrichtung, die zwischen Staat und Kirche vermitteln und zugleich auch die Leitung der Verwaltung der Seminare übernehmen sollte.
» Aufgabe der Seminarstiftung ist es dafür zu sorgen, dass sich christliche Erziehung und Wertevermittlung entfalten können.«
Am 5. März 1928 traten die neuen Regelungen zu den Seminaren in Kraft. In der Seminarverordnung wurden die Grundlagen des Schulbetriebs festgelegt, in der Seminarvereinbarung die Grundlagen des Seminarheims sowie das Zusammenwirken von Staat und Kirche. 2007 wurden die Seminarvereinbarung und die Seminarverordnung in den neuen Vertrag des Landes Baden-Württemberg mit der Evangelischen Landeskirche in Württemberg unverändert übernommen und bestätigt.
Auf dieser Grundlage haben sich die Seminare bis heute entwickelt. Einschneidend war die Umstellung auf das achtjährige Gymnasium in Baden-Württemberg. Das Land und die Evangelische Landeskirche einigten sich, dass an beiden Seminarstandorten in Blaubeuren und Maulbronn die Seminaristinnen und Seminaristen in vier Jahren zum Abitur geführt werden sollten. Seit 2009 werden nun Maulbronn und Blaubeuren getrennt geführt, an beiden Seminaren kann das Abitur abgelegt werden.
Die Seminare sind moderne Schulen mit einer langen Tradition in geschichtsträchtigen Gebäuden. Die Seminarstiftung möchte das lange Erbe der Klosterschulen und Evangelischen Seminare bewahren, indem sie sich den Anforderungen der modernen Welt stellt und zugleich das Gespräch mit der Tradition sucht. Ziel der Lern- und Lebensgemeinschaft am Seminar ist es, die Persönlichkeiten der Jugendlichen zu bilden und zu stärken, sie zu verantwortungsbereiten Menschen zu erziehen, die ihre Gaben in die Kirche und die Gesellschaft einbringen. Talentierte Jugendliche, oftmals mit einer sehr ausgeprägten Persönlichkeit, finden an den Seminaren Orte, an denen sie ihren Interessen nachgehen können und zugleich neue Herausforderungen finden.
»Die Seminare sind moderne Schulen mit einer langen Tradition in geschichtsträchtigen Gebäuden.«
Besonderen Raum nimmt an beiden Seminaren die Musik ein, fast alle SeminaristInnen singen im Chor und beteiligen sich in den musikalischen Ensembles. Der Abschlussjahrgang bereitet in Maulbronn und Blaubeuren in jedem Jahr ein selbstorganisiertes Konzert vor, in dem die Jugendlichen über eineinhalb Stunden ihre Fähigkeiten auf ganz unterschiedlichen musikalischen Gebieten zeigen. Daneben gibt es an beiden Standorten moderne Computerräume und eine zeitgemäße naturwissenschaftliche Ausstattung.
Die Klostergebäude laden zum regen Austausch über Gott und die Welt und das Verhältnis von Gott und Welt ein. Die Ephoren, die Pfarrerinnen und Pfarrer am Seminar, aber auch alle anderen Lehrkräfte sind bereit und offen mit den Jugendlichen über Fragen des Glaubens und der Kirche zu diskutieren. Regelmäßige Gottesdienste und Andachten prägen die christliche Erziehung und bieten den Jugendlichen einen »religiösen Erlebnisraum«, in dem sie eigene Erfahrungen machen und einbringen können.
Die Seminarstiftung gewährleistet als Trägerin, dass sich diese christliche Erziehung und Wertevermittlung entfalten kann und Jugendliche einen selbstbewussten, gut verorteten Start in das Erwachsenenleben finden.